Sonntag, 18. November 2012

FÜ - Zeit 2

Fingerübung: Zeit von freakingmuse
Nachdem ich relativ lange still hier war, dachte ich, es wird mal wieder Zeit euch eine kleine Fingerübung zu präsentieren.
Und damit sind wir auch schon beim Thema: Zeit.
Ich weiß, es ist weit gefächert und ein großes Thema und wie wir dank Einstein wissen, relativ. Also gebe ich euch zwei Möglichkeiten:

1. Zu wenig Zeit
2. Zu viel Zeit

1.Warum hat man zu wenig Zeit? In welcher Situation? Ist man so überarbeitet, dass man einfach keine Zeit für etwas anderes hat? Wenn ja für was?
Oder hat man keine Zeit, weil man weiß, dass jeden Moment diese Bombe, die man versucht zu entschärfen hoch geht? Hat man keine Zeit, weil der Zug jeden Moment fährt und man sich doch von dieser einen, bestimmten Person verabschieden möchte, aber einfach nicht genug Zeit bleibt?
Oder ist das Leben, im Allgemeinen, einfach zu kurz?

[…]
Lasst eurer Phantasie freien lauf. Viel Spaß.
~*~

„Schreib, Caitlyn, schreib weiter.“
Geh nicht…
„Ich muss. Es geht nicht anders… Ich komme wieder.“
Jadon zog sich aus dem Geist der jungen Frau zurück. Als er die Augen wieder aufschlug, sah er in ihr schlafendes Gesicht. Eine feine Röte hatte sich auf ihre Wangen gelegt und er spürte sie warm unter seinen Fingern. Langsam löste er die Hand wieder von ihrer Haut.
Und du willst mir sagen, dass du dich nicht verliebt hast? Karan ließ ein amüsiertes Knurren vernehmen, doch Jadon beachtete ihn gar nicht weiter.
„Ich hab jetzt keine Zeit dafür, Karan. Lass mich in Ruhe.“
Jadon richtete sich auf und näherte sich dem Ausgang der Höhle. Die Nacht würde bald enden. Er hatte nicht mehr viel Zeit. Aber er musste mit ihm reden. Mit dem Kerl, dem er dieses Debakel zu verdanken hatte. Indirekt zumindest.
„Karan. Hol dir dein Rudel und geht auf die Jagd. Ich brauche einen Moment für mich.“
Der Wolf wollte Protestieren, doch Jadons bestimmendes Knurren ließ ihn gehorchen. Jadon war vielleicht kein Wolf. Aber er war das Alphatier. Er wartete, bis Karan und die anderen verschwunden waren, dann kniete er sich wieder auf den Boden der Höhle. Er schloss die Augen und konzentrierte sich.
Es dauerte eine kleine Weile, doch schließlich spürte er das warme Leuchten die Höhle erfüllen. Als er die Augen wieder aufschlug, stand er vor ihm. Ein Mann in weißem Gewand mit goldener Krempe. Sein dunkelbraunes Haar war grau meliert und seine Augen – sahen genau so aus wie die von Caitlyn.
„Was kann ich für dich tun, Jadon?“
Jadon richtete sich wieder auf und musterte den Mann skeptisch. „Das weißt du doch ganz genau, oder nicht?“
Der Engel lächelte und nickte. „Natürlich. Du hast mich gerufen, weil du an Caitlyns Aufgabe zweifelst.“
„Sie zweifelt daran und das heißt ja wohl, dass irgendwas nicht stimmt. Was geht hier vor?“
„Es ist alles in Ordnung, Jadon. Das kann ich dir versichern.“ Er schritt auf und ab und sah sich in der Höhle um. Jadon konnte ihm ansehen, dass er nicht sonderlich angetan war von der Umgebung in der seine Tochter lag und auf ihr erwachen wartete.
„Hättest du sie nicht an einen etwas… schöneren Ort bringen können?“
Jadon knurrte leise. „Das hier ist mein Zuhause.“
„Schon gut, schon gut.“
„Wenn dir etwas nicht daran passt, dann hättest du dir einen anderen für diese Aufgabe suchen müssen.“
„Ich sagte doch: Schon gut. Du wolltest einen gefallen von mir, also erweise mir meinen. Es gibt nicht viele, die in der Lage sind diese Aufgabe zu erfüllen, also lassen wir dieses Thema, in Ordnung?“
Jadon nickte. Ihm lief die Zeit davon und er wollte sie nicht mit einem Streit verschwenden. Mit Engeln zu streiten war ohnehin eine heikle Angelegenheit. Sie wussten einfach zu viel von der Zukunft.
„Also? Was geht hier vor?“
„Nichts besonderes. Nicht, was nicht schön öfter vorgekommen ist. Und nichts, was mir sonderlich gefällt.“ Die letzten Worte des Mannes klangen rau und unwirsch und wenn er dazu in der Lage gewesen wäre, dann hätte er Jadon sicher mit einem dämonischen Blick taxiert.
„Und das wäre? Komm schon. Lass dir nicht alles einzeln aus der Nase ziehen.“
„Sie hat ihre Aufgabe erfüllt, Jadon.“
Jadon hob die Brauen und wartete auf weitere Erklärungen. Doch der Engel sagte nichts, sondern sah ihn nur weiter an.
„Und?“, fragte er um klar zu machen, dass ihm das an Informationen noch nicht ausreichte.
„Und… sie hat sich gleichzeitig eine neue auferlegt. Eigentlich sollte sie nur ihre Fantasie wiederfinden. Sie sollte erkennen, worauf im Leben es ihr eigentlich ankommt und was sie vergessen hat. Sie sollte sich erinnern.“
Allmählich wurde Jadon ungeduldig. „Und weiter? Ihre neue Aufgabe ist…?“
Der Engel atmete tief durch und seine Miene wurde finster. „…dein Herz.“
Jadon verschluckte sich fast an seiner eigenen Überraschung. „wie bitte? Mein… Tut mir leid dich enttäuschen zu müssen, aber ich habe keines mehr.“
„So ein Unsinn. Das weißt du genau so gut wie ich.“ Der Engel kam auf ihn zu und sah ihm fest in die Augen. „Mir gefällt das nicht gerade, aber ich habe es gesehen. Eure Schicksale sind aneinander gebunden, Jadon. Du hast eine Aufgabe zu erfüllen. Du musst meine Tochter aus dem Zwischenraum zurückholen und solange auf sie achten, bis ihr Körper wieder sicher in ihrer Wohnung ist. Denn vorher werde ich dir deinen gefallen nicht erweisen können und du wirst deinen Fluch auf ewig mit dir tragen.“
Jadon sank in sich zusammen. Wieso um alles in der Welt mussten solche Absprachen immer so kompliziert sein.
„Ich habe euch gesehen. Entweder ihr findet zueinander oder ihr steht der Tod bevor und dir das ewige Exil. Dir läuft die Zeit davon, Jadon. Sie kann nicht ewig im Zwischenraum bleiben.“
„Ich weiß!“, fuhr Jadon ihn an. „Aber ich bin nichts für sie. Das weißt du. Das kann nicht gut gehen!“
„Glaubst du, mir gefällt es, dass das Herz meiner Tochter sich nach dem eines Vampires sehnt? Noch dazu nach einem, der seit Jahrzehnten nicht mehr unter seinesgleichen oder den Menschen gelebt hat? Du hast nichts von dem, was ich mir für meine Tochter wünschen würde, aber ich schätze, dass genau das der Grund ist.“
Jadon schnaubte. „Was meinst du damit schon wieder?“
„Das wirst du schon noch früh genug erfahren. Rette meine Tochter, dann rettet meine Tochter dich. Und ich werde dir deine Telepathie nehmen, so wie du es wolltest.“
Jadon atmete tief durch. Ja er wollte seine telepathischen Kräfte loswerden. Er wollte sich wieder unter Menschen bewegen können ohne dabei durchzudrehen. Er wollte diese unmenschlichen Kräfte nicht, die sogar für einen Vampir viel zu stark ausgeprägt waren. Gleichzeitig waren es diese Kräfte, die einen Engel zu ihm geschickt hatten und denen er es verdankte, dass er Caitlyn begegnet war.
Caitlyn…
„In Ordnung“, sagte er und sah wieder zu dem Mann auf. „Ich werde es schaffen.“
„Stell dir das nicht zu einfach vor. Sein Herz zu verschenken ist nicht leicht. Für dich wahrscheinlich schon gar nicht… Aber vergiss nicht: Dir läuft die Zeit davon – ihr nicht.“

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